Fernand Khnopff (1858 - 1921): Jeanne Kéfer. Öl auf Leinwand, 80 × 80 cm (ungerahmt). Geschaffen nach Beauftragung durch Gustav Kéfer, 1885. 1997 von Christie's an das J. Paul Getty Museum, Los Angeles, verkauft (97.PA.35).
Fernand Khnopff stellte die Tochter eines befreundeten Komponisten auf einer Veranda vor einer geschlossenen Tür dar. Mit dem kindlichen Daumen hält sie die Kante des Kragens, während sie in ihren Mantel greift. Allein durch diese kleine Geste erfasste Khnopff die Verletzlichkeit und Unsicherheit des Kindes gegenüber der Außenwelt. Um die kindliche Wahrnehmung einer für Erwachsene maßstabsgetreuen Welt noch stärker hervorzurufen, lehnte er Jeanne Kéfers winzigen Körper an eine Tür in Erwachsenengröße und neigte den Boden ganz leicht.
Jeanne wird durch die freie, abstrakte Pinselführung im reflektierenden Türfenster hinter ihr noch zusätzlich isoliert. Typisch für Khnopff wirkt die Figur nicht warmherzig und einladend, sondern isoliert vor dem flachen Hintergrund, mit einem starren, eindringlichen Blick auf ihrem Gesicht.
Khnopff wurde in den 1880er Jahren zu einem beliebten Porträtmaler der Gesellschaft und verwendete Elemente, die ihm als avantgardistischer, symbolistischer Maler gute Dienste leisteten: visueller Realismus und eine Stimmung der Stille, Isolation und Träumerei. Er stellte seine Modelle häufig an eine geschlossene Tür gelehnt auf, wodurch der Raum flacher wurde und ein meditatives, hermetisch abgeschlossenes Bild entstand.